Sonntag, 11. November 2018

Kuelap, der Amazonas und die Karibiküste Kolumbiens- von geheimnisumwitterten Ruinen, Flussdelphinen, Piranha-Angeln und kolumbianischer Lebensfreude


Unser Weg sollte von Lima nach Norden in die Nebelregenwälder um Chachapoyas führen. Hierher kommen wir mit insgesamt zwei Tagen Bustour und einem Zwischenstopp in Chiclayo.
Endlich angekommen ist Chachapoyas als Städtchen wirklich ganz niedlich und ein bisschen verträumt. Der Tourismus-Boom ist hier noch nicht ganz eingeschlagen und es wirkt vieles noch recht natürlich. Allerdings ist gerade auch Nebensaison. Aber warum haben wir uns von Lima eigentlich hier her in die nordperuanischen Anden durchgewurschtelt? Der Grund ist Kuelap. Eine Festung der Chachapoya (Ja, genau - wie der Ort.), die größer, älter und höher gelegenen ist, als Machu Picchu - und hoffentlich nicht so überlaufen. Hin kommt man über eine Minibus-Tour (Wobei ich später gehört hab, dass es wohl auch Trekking-Pfade gibt.). Diese führt zunächst über teils abenteuerliche Strassen am Tal des Utcubamba-Flusses entlang immer höher hinauf. In einem der Bergdörfer werden wir mit einem einfachen Frühstück und später einem späten Mittag verköstigt. Das ganze irgendwo im Nirgendwo, links und rechts Lehmhütten, gefühlt tausend Hunde, Esel und kleine Kinder. Die restlichen Tourteilnehmer sind übrigens alle Peruaner. Nach über zwei Stunden Fahrt sind wir dann da. Wir klettern ein kurzes Stück auf den Bergrücken und schon kann man die Festung sehen, oder zumindest erstmal die kolossale Festungsmauer. Durch einen der drei äußerst schmalen Eingänge gelangt man nach innen. Hier is es nicht weniger beeindruckend: Überreste von 300 Rundbrauen teils mit Ornamenten sind hier zu sehen inkl. Kochstelle, Mahlstein und Meerschweinchenkäfig. Auch Reste von Wachtürmen und mutmaßlich rituellen Gebäuden sind zu sehen. Und das Beste: Kaum Touristen, sodass man den Ort auf sich wirken lassen kann. Die erwähnten Ornamente finden sich übrigens in der weiteren Umgebung immer wieder an den Häusern. Über den Zweck der Anlage streitet man sich übrigens noch: Festung, Heiligtum oder Rückzugsort? Auch ist erst ein Bruchteil der Anlage ausgegraben und die Gelder sind knapp. Auf dem Rückweg ist auf einmal die Straße gesperrt - Bauarbeiten..Aha. Das soll auch noch bis 18.00 Uhr so bleiben. Also geht's zu Fuß durch die langstreckige, abgesperrte Baustelle (Das sollte man bei uns mal versuchen.) und kurz danach findet sich halb im Gestrüpp eine kleine Seilbahn für je zwei Leute über den Fluss. Sieht irgendwie selbst gemacht aus - aber stabil. Kaum haltgemacht, kommt auch schon von der gegenüberliegenden Seite ein Mann mittleren Alters und holt uns über. Drüben hat er eine Art alternativen Campingplatz mit Garten und Hängematten zusammengestückelt. Hier machen wir uns bei frisch gepresstem Zuckerrohrsaft und einer Bootsfahrt auf Freiwilligenbasis am Flussufer eine schöne Wartezeit. 










Von Chachapoyas geht's für uns weiter nach Yurimaguas. Dies ist der letzte Ort mit Strassenverbindung im Amazonas-Gebiet auf dem Weg nach Iquitos - der Dschungel-Metropole. Diese ist nur per Boot oder Flugzeug zu erreichen. Nach Yurimaguas geht's mit einem Collectivo (dem örtlichen Hop on-Hop off-Minibus der Einheimischen). Das Ganze dauert inkl. kurzem Umsteigen in einem quirligen Busbahnhof 12h - dafür aber vorbei an Regenwaldkulisse. Yurimaguas selbst hat ehrlich gesagt nicht viel Charme - ist es doch für die meisten eher der Absprungort nach Iquitos. So soll es auch für uns sein. Wir wollten nämlich ein Frachtschiff nehmen. Das dauert ca. 3-4 Tage - in Hängematten auf dem Deck. Nach einer Irrfahrt über zwei Häfen, zwei Touristenagenturen und verschiedenen Gesprächen mit Einheimischen mussten wir feststellen, dass die meisten wohl seit kurzem keine Passagiere mehr befördern dürfen. Ich bin untröstlich - das hatte ich unbedingt gewollt. So geht's jetzt für den selben Preis mit dem Schnellboot nach Iquitos. Als Trostpreis gab's ein T-Shirt und ein Foto. Jetzt werden wir bestimmt Werbe-Aufsteller. Juhu! Am nächsten Tag früh um 4 Uhr los. Nach 12 Stunden auf einem Zufluss des Amazonas kommen wir in Nauta an und quetschen uns nach einer Tuk-Tuk-Ralley zum Busstand für 1,5h mit zwei lustigen Matronen auf die Rückbank eines Collectivos nach Iquitos. Es ist super warm und schwül. Die Stadt selbst ist ganz hübsch, lebt aber hauptsächlich von seiner Nähe zum Dschungel. Wir wollen eine Tour in den Regenwald unternehmen. Gesagt getan. Doch hierfür heißt es erstmal wieder aufs Boot. Über den lokalen Markt geht es zum Anleger. Hier gibt es seltsam aussehende Fische, bekannte und unbekannte Früchte und eine Art "gerösteten Engerling-Spieß" - sieht gewöhnungsbedürftig aus. Auf dem Wasserweg in einem kleineren Holzboot sehen wir bereits die ersten grauen und rosa Flussdelphine beim Fischen. Ein toller Anblick. Später Baden wir im Amazonas, genießen den Sonnenuntergang und suchen bei einer nächtlichen Wanderung Taranteln, Skorpione und Schlagen. Finden tun wir zusätzlich noch Mini-Äffchen, Opossums und den handtellergroßen, blauen Morphofalter. Nach kurzer Nacht geht es zur morgenlichen Vogelbeobachtung inkl. Tukan und Kingfisher (Eisvogelart) und zur erneuten Dschungelwanderung mit Lianen-Schaukeln, riesigen Bäumen, Piranhas-Angeln und einer Kurzexpedition in die Dschungelapotheke. 

























Der weitere Weg führt uns auf dem Luftweg nach Cartagena an die Karibikküste Kolumbiens. (Man kommt zwar im Regenwald über die Grenze, aber auch von dort nur per Boot oder Flugzeug raus.)
Cartagena de Indias trägt nicht umsonst den Namen "Perle der Karibik". Neben einer malerischen, bunten, kolonialen Altstadt, einer Stadtmauer und mehreren Forts (zum Schutz vor Piraten) aus dem 16. Jh, gibt es auch noch den modernen Teil mit Hochhäusern und großen Hotelanlagen. Cartagena war eine der ersten spanischen Stadtgründungen im Norden Südamerikas im Zuge der Kolonalisierung und entwickelte sich zu einer wichtigen Hafenstadt, worüber die Spanier Gold, Silber, Perlen und Edelsteine verschifften und auch niederländische und englische Sklavenschiffe einliefern. In Folge des Reichtums wurde Cartagena wiederholt Opfer von Piratenangriffen.
Heute verkaufen in den Strassen der Altstadt Händler Getränke, Süßes, geröstete Blattschneiderameisen, allerlei Krimskrams oder Mangosticks mit Zitrone, Salz und Pfeffer (Ist besser, als es klingt.). Frauen in bunten Kleidern verkaufen Früchte und dienen als farbenfrohes Fotomotiv. In den Abendstunden starten die Strassengrills ihr Geschäft und es gibt Chorizo, Fleischspieße und Arepas (gefüllte Maisfladen) vom Grill. Im ehemaligen (inzwischen gentrifizierten) Viertel der Sklaven treffen sich auf dem Kirchplatz Einheimische und Touristen auf Bier, frische Fruchtsäfte, Grillgut und Musik.












Cartagena de Indias Streetart










Unser nächster Stopp war Palomino. Ein kleiner, ruhiger Küstenort ca. 5 Stunden von Cartagena mit einem wunderschönen Karibikstrand und leicht alternativem Publikum. Nicht mal einen Geldautomaten gibt es hier, sodass man hier in aller Ruhe in der Hängematte die Seele baumeln lassen und eine Limonada de Coco schlürfen kann. Hier sind wir ein bisschen versackt und haben zwei Wochen fast gar nichts gemacht - das war wohl mal nötig.

Blick vom karibischen Palomino (Meereshöhe) auf die schneebedeckte Sierra Nevada (5775m Höhenmeter)

Von hier aus ging es weiter nach Santa Marta - ebenfalls einer der ersten, heute  noch bestehenden, spanischen Stadtgründungen auf dem amerikanischen Festland. Etwas weniger  touristisch und herausgeputzt als Cartagena hat Santa Marta doch einen eigenen Charme und besticht durch seine Authentizität. Die Leute wohnen hier halt noch in der von Kolonialarchitektur geprägten Altstadt und auch sonst herrscht ein wuhliges Strassenleben mit Strassengrills, Coco loco (Kokosnuss mit Schnaps), Venezolanern, die Täschchen aus gefaltetem, venezolanischen Geldscheinen verkaufen und Breakdance-Einlagen auf dem Hauptplatz. Der Stadtstrand selbst ist Treffpunkt für Jung und Alt.

Aber eigentlich sollte uns die Stadt nur als Absprungort zum Tayrona-Nationalpark dienen. Der Name bezieht sich auf die Tayrona, die hier ansässig waren. Deren Nachfahren leben teils noch immer in der Region. Der Nationalpark besteht aus Dschungel, raueren Küstenabschnitten im Wechsel mit fast schmerzhaft, klischeeartig schönen Karibikbuchten. Hier kann jeder mal Robinson Crusoe spielen. Glücklicherweise ist grade Nebensaison, sodass sich die Zahl der Besucher in Grenzen hält. Nach einer 3-stündigen Wanderung mit einem schönen Ausblick nach dem anderen erreichen wir unser Ziel für den heutigen Tag: Cabo San Juan. Hier übernachten wir in einer Hängematte unter einem Holzdach (Regenzeit) mit Bomben-Ausblick und Milchstrassen-Panorama - einmalig!










Über Santa Marta geht es wieder zurück nach Cartagena. Hier angekommen geraten wir mitten in die lauten und bunten Festlichkeiten zum Unabhängigkeitstag von Cartagena. Ein bunter Trubel aus Salsa, Reggaeton, kostümierten Umzügen, Feuerwerk und ner Abreibung mit den allgegenwärtigen Schaumkanonen erwarten uns. Ein gelungener Abschluss für unsere viel zu kurze Zeit in Kolumbien. Denn wir haben uns für die letzten Wochen unserer Reise noch ein paar besondere Schmeckerchen ausgedacht: Wir haben die Möglichkeit bekommen, per Hand gegen Koje von Martinique nach Antigua zu segeln. Der Hammer! Aber hierfür müssen wir erstmal dorthin kommen. Ein Flug aus Kolumbien würde uns unweigerlich über die USA führen. Warum also keinen Zwischenstop einlegen? Unsere Wahl fiel auf New Orleans. Wir freuen uns auf Jazz, creolische Küche und Voodoo-Zauber!